Die promovierte Philosophin Bettina Stangneth hat sich in ihren langjährigen Forschungen zu Eichmann auch mit Hannah Arendts These „Von der Banalität des Bösen“ und dem Zusammenhang von Denken und Moral auseinandergesetzt. Vielen gilt Denken als unsere edelste Anlage, weil wir damit die Hoffnung verbinden, dass unsere Welt durch Verstehen eine bessere werden könnte. Wer nachdenkt, wer verstanden hat, – so hoffen wir doch – der mordet nicht. Wer denkt, wer das Selbstgespräch sucht, so glauben wir, der ist immer schon auf dem richtigen, dem guten Weg. Haben wir uns auch deshalb so gern vorgestellt, dass Adolf Eichmann und die Nazis wesentlich NICHT gedacht haben?
Was dachten Nationalsozialisten in der Zeit ihrer Macht über Psychologie und Philosophie? Was dachten sie wirklich über das Denken? Diesen Fragen wird im Gespräch zwischen Willi Winkler und Bettina Stangneth nachgespürt - auch, weil die Dinge zumeist nicht so sind, wie wir sie uns gerne vorstellen.
Bettina Stangneth, geboren 1966, studierte in Hamburg Philosophie und promovierte 1977 über Immanuel Kant und das Radikal Böse. Seitdem forscht sie zur Lügentheorie. Für ihr Buch Eichmann vor Jerusalem erhielt sie 2011 den NDR Kultur Sachbuchpreis und international große Beachtung. Zuletzt erschien von ihr Avner Less: Lüge! Alles Lüge! Aufzeichnungen des Eichmann-Verhörers. Zur Zeit arbeitet sie an einer kritischen Ausgabe von Hannah Arendts Eichmann in Jerusalem.
Willi Winkler, geboren 1957, hat in München und St. Louis studiert und Bücher von John Updike, Anthony Burgess und Saul Bellow übersetzt. Er war Redakteur der „Zeit", Ressortchef Kultur beim „Spiegel" und schreibt heute für die „Süddeutsche Zeitung". Er ist Autor u.a. von: Bob Dylan. Ein Leben (2001), Mick Jagger und die Rolling Stones (2002), der viel gelobten Geschichte der RAF (2008) und Der Schattenmann (2011). 2010 erhielt er den Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus.
Gastgeberin ist Marion Kollbach.
Wir danken für die Unterstützung durch die Kulturbehörde Hamburg.