Über Walther Rathenau, der 1922 Außenminister der Weimarer Republik und wenige Monate später ermordet wurde, schrieb der Historiker Fritz Stern erst vor wenigen Jahren: „Nie zuvor (oder seither) sollte ein Jude einen so herausragenden Posten im politischen Leben Deutschlands bekleiden“.
In dieser Rolle, auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere, war Rathenau angetreten, die junge Weimarer Republik vom „Schurkenstaat“ zu einem verlässlichen Partner der internationalen Staatenordnung zu machen, um „diejenigen Wege zu finden, die uns mit der Welt wieder zusammenbringen“. Weil er nach einer Kompromisslösung für die in Versailles vereinbarten Reparationszahlungen suchte, musste er sich von konservativen deutschen Revanchisten als „Erfüllungspolitiker“ beschimpfen lassen. Dass Rathenau zudem Jude war, erfolgreicher Großindustrieller und unbequemer Schriftsteller, waren für viele Zeitgenossen zusätzliche Gründe der Ablehnung.
Rathenaus außergewöhnliche Karriere, all dieser Widerstände und antisemitischer Anfeindungen zum Trotz, erstaunt uns bis heute und veranlasst, sich mit seinem Leben und seiner Zeit zu befassen. Nicht zuletzt, um immer wieder die Frage zu stellen, warum er, nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt, von nationalistischen Terroristen erschossen werden konnte.
Der Abend beginnt mit einem einführenden Vortrag von Prof. Dr. Martin Sabrow, Direktor des Zentrums für Zeitgeschichtliche Forschung Potsdam und Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte in Berlin. Im Anschluss wird es zwei kürzere Vorträge geben: Jasmin Sohnemann wird Rathenaus Beziehung zu Stefan Zweig und Clemens Reichhold Rathenau als Gesellschaftskritiker vorstellen.
Anlass des in Kooperation mit dem Institut für die Geschichte der deutschen Juden veranstaltenten Themenabends ist der jüngst veröffentlichte Sammelband ‚Walther Rathenau im Netzwerk der Moderne‘ (de Gruyter), bei dem die Vortragenden mitgewirkt haben.
Gastgeberin ist Jasmin Sohnemann.
Wir danken der Kulturbehörde Hamburg für die freundliche Unterstützung.