Vor 50 Jahren haben die Bundesrepublik Deutschland und der Staat Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen - Endpunkt einer dramatischen Vorgeschichte, die im Luxemburger Abkommen zur sogenannten Wiedergutmachung von 1952 ihren Ausgang nahm. Der namhafte Historiker Dan Diner sucht die Tiefenschichten jener zwiespältig empfundenen und kontrovers diskutierten deutsch-israelischen Annäherung auszuleuchten, vor allem die politisch-theologischen Aspekte der Debatte auf israelischer Seite. Durfte der jüdische Staat Beziehungen mit dem Land eingehen, das Millionen Juden ermordet hatte? Es geht Diner um Fluch und Bann, um Erinnern und Vergessen, Anerkennung und Nichtanerkennung - schließlich um die Entscheidung zwischen jüdischer Tradition und israelischer Staatsräson. Seine Erkenntnisse wurden im März unter dem Titel Rituelle Distanz veröffentlicht.
Dan Diner, geboren 1946, lehrt Moderne Geschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Von 1999 bis 2014 war er Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig.
Das Gespräch führt Wolfgang Kraushaar. Er erforscht im Auftrag der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur moderne Protestbewegungen und linken Terrorismus.
Gastgeberin ist Marion Kollbach.