Flucht, genauso das Willkommen, ist nicht nur ein geopolitisches Phänomen. Es ist ein Phänomen zwischen Individuen und Gruppen. Flucht verändert psychische Realitäten, lockert, festigt, knüpft, verlängert, verkürzt das soziale Band. Dieses Band, auch die psychische Wirklichkeit der nicht unmittelbar Beteiligten, wird durch den Tod von Flüchtlingen beeinträchtigt. Schon deswegen müssen wir reden. Angst vor Tod und Elend, vor unaussprechlich Bedrohlichem, dem radikal Anderen, kann das Subjekt ins Herumirren treiben, im Realen über Grenzen hinweg, aber auch im Sprechen in der psychoanalytischen Kur. Es braucht medialer, kultureller Praktiken, um den Fern- und Nahsinnen aus der Idiotie der Identität mit sich selbst auf die Sprünge zu helfen – um erfahrungsfähig zu werden und zu bleiben.
Susanne Gottlob leitet mit Gedanken zur Flucht ein, Karl-Josef Pazzini spricht mit Farhad Showghi über die Eindrücke, die Spuren von Flucht. Gegen Ende wird Farhad Showghi Gedichte lesen: Die Beschäftigung mit Poesie hilft als Öffnung, Spannung und Trost. Alle sind eingeladen, mitzusprechen.
Susanne Gottlob lebt in Hamburg und arbeitet dort als Psychoanalytikerin, forscht und schreibt u.a. zu Aby M. Warburg, zu Schrift, Affekt und Psychose und ist Redakteurin der Zeitschrift RISS. Zeitschrift für Psychoanalyse. Freud – Lacan.
Karl-Josef Pazzini arbeitet als Psychoanalytiker in Berlin, dort in der Psychoanalytischen Bibliothek, hat Lehraufträge an Kunsthochschulen und Universitäten und ist Redakteur der Zeitschrift RISS. Zeitschrift für Psychoanalyse. Freud – Lacan.
Farhad Showghi, geboren in Prag, in der Bundesrepublik und in Iran aufgewachsen, arbeitet als Psychiater, Psychotherapeut, Übersetzer und Autor – u.a. 3-sat- Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb (2003) und Norbert- Conrad-Kaser- Lyrikpreis (2006) – in Hamburg.
Gastgeber ist Klaus Loebell.