Als im Sommer 2019 endlich einige Banksafes in Zürich geöffnet werden konnten, in denen jahrzehntelang umkämpfte Briefe, Manuskripte und Zeichnungen von Franz Kafka gelagert waren, ging ein langes und skurriles Kapitel im Streit über den rechtmäßigen Besitz des Nachlasses von Max Brod zuende. Stefan Litt, Archivar der Nationalbibliothek in Jerusalem, erlebte diesen bewegenden Moment mit. Geschürt durch Pressemitteilungen war die öffentliche Erwartung groß, in den Züricher Safes unbekannte Werke Kafkas vorzufinden, während die Fachwelt nicht davon ausging. Unbekannt waren tatsächlich ein Skizzenbuch mit Zeichnungen sowie ein weiteres Notizheft mit Hebräisch-Übungen, die das fortgeschrittene Sprachvermögen Kafkas zeigen. Er konnte bereits 1922 kleine Texte auf Hebräisch schreiben. Die Fundstücke stellen Kafkas Verhältnis zur hebräischen Sprache und seinen Wunsch, von Prag nach Palästina auszuwandern, erneut in den Mittelpunkt. Nach der Übergabe des Nachlasses von Max Brod – einschließlich der Kafka-Stücke – an die Israelische Nationalbibliothek wird Stefan Litt nun die Geschichte des heute weltweit verstreuten Nachlasses von Franz Kafka neu reflektieren, der ohne das Zutun von Max Brod heute verloren wäre.
Stefan Litt, 1969 in Ostberlin geboren, ist Kurator für allgemeine Geisteswissenschaften und verantwortlicher Archivar für die Nachlässe u.a. von Max Brod/Franz Kafka, Stefan Zweig und Else Lasker-Schüler an der Nationalbibliothek in Jerusalem. Er studierte Geschichte und Judaistik an der FU Berlin und an der Hebräischen Universität in Jerusalem. 2008 habilitierte er sich in Graz, wo er auch lehrt. Veröffentlichte Schriften u.a. Geschichte der Juden Mitteleuropas 1500-1800.
Gastgeberin ist Marion Kollbach
Kartenreservierungen per Mail an info@salonamgrindel.de