„Jude sein gehört zu den unbezweifelbaren Gegebenheiten meines Lebens.“
Hannah Arendt beginnt Ende der 1920er-Jahre mit ihrer Arbeit über die Salonière Rahel Varnhagen, sich mit der jüdischen Geschichte in Deutschland und Europa zu beschäftigen, denn bedingt durch den zunehmenden Antisemitismus war ihr Jüdischsein eine „politische Frage“ geworden. Nach ihrer Flucht in die USA setzt sie sich verstärkt mit Fragen zu einem neuen kulturellen und politischen Selbstbewusstsein aus jüdischer Perspektive auseinander. Der mit großer Sachkunde klug komponierte Band versammelt alle zu Lebzeiten veröffentlichten Aufsätze der provokanten Philosophin – in einem weiten Zeitbogen und Spektrum – zu denThemen: jüdische Geschichte, Selbstermächtigung, Antisemitismus, Flucht und Exil, Genozid, Nationalstaatsgründung und Diaspora. Er zeigt so, in welchem Ausmaß das „Denken ohne Geländer“ der politischenTheoretikerin durch ihre Auseinandersetzung mit der „jüdischen Frage“ geprägt wurde. Manche Texte erscheinen hochaktuell und geradezu visionär.
Miriam Rürup wird das Gespräch mit Marie Luise Knott führen.
Marie Luise Knott lebt nach dem Studium Romanischer Literatur und Politischer Theorie in Köln und Konstanz als Übersetzerin, Autorin und Herausgeberin in Berlin, u.a.: Vor Antisemitismus ist man nur noch auf dem Monde sicher (Piper, 2000). Ihre Monografie Verlernen. Denkwege bei Hannah Arendt war 2011 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Wir Juden (Piper, 2019) hat sie gemeinsam mit Ursula Ludz herausgegeben und zumTeil neu übersetzt und eingeordnet.
Miriam Rürup hat Geschichte, Soziologie und Europäische Ethnologie in Göttingen,Tel Aviv und Berlin studiert. Veröffentlichungen u.a.: Diasporakulturen in der Zeitgeschichte (Wallstein, 2009), Gewalt und Gesellschaft. Klassiker modernen Denkens neu gelesen (Wallstein, 2011). Sie ist seit 2012 Direktorin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg.
Gastgeberin ist Marion Kollbach