Budapest – Berlin. Hier verlief eine der vielen Ost-West Fluchtlinien des 20. Jahrhunderts. Doch nicht nur nach der Wende 1989 ließen sich bekannte Intellektuelle und Künstler:innen namentlich in der deutschen Hauptstadt nieder. Die ungarische Präsenz in Berlin reicht viel weiter zurück, bedingt durch Migrationsbewegungen, die jeweils durch die großen historischen Umbrüche von 1918, 1944 und 1956 ausgelöst worden waren.
In seinem Buch erzählt Thomas Sparr von dieser sich fortsetzenden Kontinuität vor allem zwischen Budapest und Berlin, die sich aber auch auf andere Städte wie Hamburg oder Zürich erstreckt. Dabei lässt er große Autor:innen, Denke:innen wie Künstler:innen – oftmals jüdischer Herkunft – zu Wort kommen, darunter Georg Lukácz, Arnold Hauser, Ágnes Heller wie auch Peter Szondi und Ivan Nagel sowie György Konrád, Peter Nádas, Imre Kertész oder aber der Komponist Györgi Ligeti. Mithin fließt die Donau auch durch Berlin, das immer wieder eine äußerst spannende, aus Ungarn kommende Kulturszene beherbergt hat, deren inspirierenden Spuren und Impulsen Thomas Sparr in seinen Beschreibungen auf vielfachen Wegen nachgeht.
Thomas Sparr war nach dem Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie in Marburg, Hamburg und Paris, von 1986 bis 1989 an der Hebräischen Universität und am Leo-Baeck-Institut in Jerusalem sowie anschließend im Deutschen Literaturarchiv in Marbach tätig. Von 1990 bis 1998 leitete er den Jüdischen Verlag und war Cheflektor des Siedler Verlags. Er ist heute Editor-at-Large im Suhrkamp Verlag in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm »Grunewald im Orient. Das deutsch-jüdische Jerusalem« (2018) und „Todesfuge. Biographie eines Gedichts“ (2020).
Gastgeberin ist Friederike Heimann